In unserer neuen online Reihe zu 100 Jahre Burgenland schreibt Jan Trimmel über die Vielfalt im Burgenland

Die Vielfältigkeit des Burgenlandes in seiner Kultur, Sprache und Seele gilt in ganz Österreich als unbestritten. Ein wichtiger Teil dieser Identität sind die Volksgruppen, die das Burgenland so einzigartig machen. Egal ob Ungarn, Burgenlandkroaten oder die Roma, Volksgruppen leisten Unglaubliches und tragen dazu bei, dass das Burgenland heute so dasteht, wie es das tut. Unzählige Kulturvereine, Tamburizza-Vereine und Chöre sorgen dafür, dass die Kultur der Volksgruppen weiter am Leben gehalten werden kann.

Dies war nicht immer so. Volksgruppen wurden diskriminiert, deren kulturelles Erbe zerstört und ausgegrenzt. Schon zu Zeiten der Habsburgermonarchie galten Minderheiten als „Freiwild“ und wurden verfolgt oder abgeschoben. Nach dem Ersten Weltkrieg sah sich die neue österreichische Regierung, nach der Angliederung des Burgenlandes an Österreich, mehreren Minderheiten gegenüber: neben den Burgenlandkroaten und den Burgenlandungarn auch der Minderheit der Burgenlandroma. Noch in der Zwischenkriegszeit wurden die Burgenlandroma für eine eigene „Zigeunerkartothek“ fotografisch registriert, ausländische Roma wurden abgeschoben. Die wirtschaftliche Not und das Erstarken rassenideologischer Agitation führten ab den 1920er Jahren zu einer immer feindseligeren Einstellung ihnen gegenüber. Die „Zigeuner“ wurden für die große Arbeitslosigkeit verantwortlich gemacht, galten als arbeitsscheu, erwerbsfaul, stehlend und sittlich verkommen. Es komme „einer Verhöhnung der Gesetze gleich, dem rohen, verwilderten, für die Gesellschaft untauglichen Zigeuner den gleichen Schutz der Gesellschaft zuteilwerden zu lassen, wie dem zivilisierten Menschen.

In den Nachkriegsjahrzehnten werden die Burgenlandroma, obwohl sie seit Jahrhunderten hier ansässig sind, als angeblich „herumziehend“ nicht als autochthone („alteingesessene“) Volksgruppe im österreichischen Volksgruppengesetz anerkannt; bei Volkszählungen wird ihre Volks- und Sprachgruppe übergangen und sie erhalten keinerlei Förderungen. Die Diskriminierung und Verfolgung in der Nachkriegszeit gipfelte in den Ereignissen von Oberwart in den 1990ern, wo durch Briefbomben zahlreiche Roma ihr Leben lassen mussten.

Seitdem ist viel passiert. Durch gute Zusammenarbeit aller Beteiligten finden sich die Volksgruppen wieder mitten in der Gesellschaft. Aufgrund des Volksgruppengesetzes wurden 1977 die slowenische, die kroatische, die ungarische und die tschechische Volksgruppe anerkannt und für diese je ein Volksgruppenbeirat eingerichtet. Ende 1993 wurde der ungarische Volksgruppenbeirat durch die Aufnahme von Vertretern der Wiener Ungarn aufgestockt. Was die burgenländischen Volksgruppen anbelangt, so wurde erst nach dem genannten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes von 1987, wonach die Verwendung der kroatischen Sprache als Amtssprache nicht mit dem Hinweis verwehrt werden könne, dass es keine Amtssprachenverordnung für das Burgenland gebe, da Art. 7 Abs. 3 unmittelbar anwendbares Recht ist, schließlich 1990 auch eine Amtssprachenverordnung für das Burgenland erlassen, welche den Gebrauch der kroatischen Sprache vor bestimmten Gerichten, Verwaltungsbehörden und sonstigen Dienststellen als Amtssprache zusätzlich zur deutschen Sprache zuließ. Im Oktober 2000 trat schließlich nach Vorbereitungsarbeiten seit 1994 auch eine Amtsprachenverordnung für das Burgenland betreffend den Gebrauch der ungarischen Sprache als zusätzliche Amtssprache in Kraft. Die Regelung der zweisprachigen topographischen Aufschriften im Burgenland ließ ähnlich lange auf sich warten.

Es soll unsere Aufgabe sein, diese Arbeit fortzusetzen und die Vielfalt im Burgenland zu erhalten – eine einzigartige in Österreich. Lasst uns doch stolz darauf, in einem vielfältigen Burgenland zu leben, statt uns gegenseitig auszuspielen.

Jan Trimmel ist Bezirksgeschäftsführer der JVP Bezirk Oberwart und studiert an der Wirtschaftsuniversität Wien. Jan ist Teil des aktuellen Mentoring Jahrgangs und Redakteur für unseren Flash.